Am 23. Juni entscheiden die britischen Wähler über den Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union. Für den Fall, dass eine Mehrheit gegen einen Verbleib stimmt, erwarten Experten sowohl für die EU, insbesondere aber für Großbritannien selbst, in der Folgezeit deutliche Nachteile, etwa ein geringeres Wirtschaftswachstum.
Dadurch wird das Brexit-Referendum zu einem börsenrelevanten Ereignis, wobei zwei Szenarien wahrscheinlich sind:
1. Möglichkeit: Derzeit – und dies wird sich bis zum Referendum wohl auch nicht entscheidend ändern – liegen Gegner und Befürworter eines Austritts in Umfragen Kopf an Kopf. Dadurch könnte sich, je näher der Termin rückt, an den Aktienmärkten immer mehr Unsicherheit breit machen, denn unklare Verhältnisse mögen diese überhaupt nicht. Der „sensible“ DAX könnte in diesem Szenario besonders stark unter Druck geraten – eventuell würde im Juni sogar das letzte Tief bei 8700 Punkten noch mal ins Visier genommen.
In der Vergangenheit oftmals zu beobachten war übrigens, dass eine Wende bereits einige Tage vor dem wichtigen Ereignis eintrat – somit könnte das (vorläufige?) Tief schon etwa Mitte Juni erreicht werden, bevor dann „Risikofreudige“, die auf einen Sieg der EU-Befürworter setzen, zuschlagen.
2. Möglichkeit: Trotz der knappen Umfrageergebnisse halten viele Experten einen Sieg der EU-Befürworter für sehr wahrscheinlich und verweisen darauf, dass bei der Teilnahme an Umfragen gern in Stammtischmanier geantwortet wird, wenn es dann aber zur tatsächlichen Entscheidung kommt, in aller Regel die wirtschaftlich vernünftigste Lösung gewinnt. Daher ist es durchaus möglich, dass auch der „Markt“ stark von einem Verbleib Großbritanniens in der EU ausgeht und bis zum Referendum nur wenig oder sogar gar keine Unsicherheit zeigt.
In diesem Szenario halte ich es allerdings für sehr wahrscheinlich, dass nach dem Referendum eine Abwärtsbewegung an den Aktienmärkten eintritt, da sich in Erwartung eines günstigen Ausgangs zu viele Marktteilnehmer auf steigende Kurse eingestellt und sich entsprechend positioniert haben. Eine Rolle dürfte ebenfalls spielen, dass wir uns saisonal in den historisch eher schwachen Sommermonaten befinden.
Sollten die EU-Befürworter gewinnen, würde der Downmove erst nach einer kurzen „Erleichterungsrallye“ beginnen, falls es dagegen anders kommt, natürlich sofort. In letzterem Fall ist sogar ein kleiner Crash, also ein Tagesverlust von mehr als 5 Prozent, möglich.
Fazit: Anleger am Aktienmarkt sollten in nächster Zeit eher vorsichtig agieren. Ein Kauf bei Schwäche – etwa nach einer Entscheidung für einen EU-Austritt – kann erwogen werden, aber auf keinen Fall würden wir derzeit in steigende Kurse hinein kaufen. Dies gilt natürlich nicht für Sparpläne, die aufgrund des Cost-Average-Effekts sozusagen „timingresistent“ sind. Vergleichen Sie dazu diesen Artikel.